Seit mehr als 1000 Jahren begeben sich Menschen auf den mittelalterlichen Jakobsweg. Sie pilgern durch das „alte“ Spanien bis nach Santiago de Compostela, bis zur Grabstätte des Apostels Jakobus.
Die Gründe für die Wanderung „bis ans Ende der Welt“ sind vielschichtig. Der eine möchte zu Gott und zur Spiritualität finden, der andere zu sich selbst und der nächste sucht die sportliche Herausforderung.
„Ich bin dann mal weg“, sagt die „bekennende Couchpotatoe...“ Hape Kerkeling im Sommer 2001, um sechs Wochen lang von dem in den Pyrenäen gelegenen Ort Saint Jean-Pied-de-Port über Pamplona, Navaretta, durch die Gebirgskette La Rioja, über Burgos und dem kastilianischen León zum galizischen Santiago de Compostela zu pilgern.
Über Bergrücken geht es mit schmerzenden Knien und bleischweren Gliedern Steigungen hoch und runter und endlos durch die Pampa. Trotz Wolkenbrüchen stolpert Hape durch die im Nebel versunkenen Pyrenäen. Gliederlahm und durchnässt heißt es für Hape: keinen Schritt weiter. Mit Hilfe eines Bauern schafft er es bis nach Roncesvalles. Der Austausch seines festen noch nassen Schuhwerkes gegen seine Badelatschen hinterlässt schmerzhafte Spuren in den Knien und Hape fragt sich „..., ob ich als pummelige Couchpotatoe wirklich gut daran tue mal eben in Badelatschen die Pyrenäen zu überqueren.“ Es ist wahrlich keine Vergnügungsreise und ohne die Eigenmotivation wie „... Lauf einfach weiter Dicker, es wird schon gehen.“ und ...“Maul halten und weiter marschieren“ kaum zu schaffen.
Wahre Gaumenfreuden sind auf dieser Reise auch nicht zu erwarten. Ein Schinkenbrot wird zum Highlight.
Und die spartanischen Schlafsäle in den Pilgerherbergen laden nicht zum Entspannen ein. „Ich hab sie doch nicht mehr alle, mir so eine Herberge anzutun...“ stellt Hape nach den ersten Kontakten mit den Refugees fest. „Ich kann mir ein Hotel erlauben, also werde ich ab jetzt auch wieder in Hotels schlafen...Hans-Peter sei du selbst. Das hier bist du nicht“ ermahnt sich Hape.
Bei allen Strapazen bietet der Weg auch eine landschaftliche Schönheit. Malerische Dörfer, Weinberge, das Tal der Steinmännchen und atmosphärisches Bergpanorama sowie überraschende Begegnungen. So Larissa, die ihre Pilgerreise einst mit ihrer krebskranken Tochter begann und sie nicht zu Ende führen konnte. Jetzt pilgert sie für ihre tote Tochter. Und Schnabbel, die Walküre aus Remscheid sowie Antonio, der Bettler und ewige Pilger.
Und schließlich die neuseeländische Sheelagh und die britische Anne, die für Hape zu wahren Freunden werden. Nach kurzen Intermezzos auf dem Pilgerpfad wandern sie die letzten Etappen zusammen. Hape, Sheelagh und Anne, ihre Gefühle in ängstlicher und bedrückender Aufruhr, da sie wissen, dass ihre Reise sich dem Ende nährt. „Wenn wir am Ziel sind, ist es vorbei. Das Wesen des Pilgerns ist nun einmal der Weg.“
Ich bin dann mal weg. Die bekennende Couch-Potatoe Hape Kerkeling pilgert auf dem Jakobsweg. Ein authentischer Tagebuchbericht, in dem Hape Kerkeling seine ganz persönlichen Erfahrungen während seiner Pilgerschaft von Saint Jean-Pied-de-Port bis nach Santiago de Compostela im amüsant munteren Ton beschreibt. Trotz der gewaltigen und schmerzvollen Anstrengung für Hapes sonst bei Kakao und Käsekuchen gepflegten Körpers wird Hape zum ausdauernden Pilger. Der Jakobsweg gibt Hape mentale Kraft und die anfänglich zu ehrgeizig angegangen Tagesetappen lernt er im Laufe der Zeit richtig einzuschätzen. Der Jakobsweg weckt aber auch die Frage nach der eigenen Identität, die Frage nach dem „wer bin ich?“ Da wird sie plötzlich wach, die Erinnerung an die ersten beruflichen Patzer und die ersten großen Erfolge.
Stück für Stück verändert sich das Bewusstsein. „ Hier ist man äußerlich immer gleich, aber innerlich sieht es hier stündlich anders aus“. Stück für Stück befreit man sich von den bedrückenden Gedanken, hier werden „...alle negativen Gedanken abgegeben“.
Hier bekommt man ein sicheres Gespür für Menschen. Hier trifft man Freunde fürs Leben wie Sheelag und Anne und hier trifft man Gott. Gott hat Hape auf seinem Weg „... andauernd in die Luft geworfen und wieder aufgefangen. Wir sind uns jeden Tag begegnet“.
Ich bin dann mal weg. Eine erfrischend und doch trocken erzählte Reise auf dem Jakobsweg.
Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg, Hape Kerkeling, gebundene Ausgabe, mit 35 Fotos und einer Karte, 352 Seiten, Piper-Malik Verlag, 47. Auflage, ISBN: 978-3890293127, € 19,90 [D], € 20,50 [A], sFr 35,40
© Soraya Levin