Wenn es einen wirklichen Überlebenskünstler gibt, dann muss es einer sein wie Geoffrey Households Protagonist in dem Thriller Einzelgänger, männlich. Er ist Engländer, Gutsbesitzer, Clubmitglied und er ist vor allem Jäger.
Anfang der 1930er Jahre bereitet sich unser Einzelgänger für die Jagd auf einen Diktator vor. Doch bevor er sein Wild zur Strecke bringt, wird er entdeckt, gefangen genommen, geschlagen. Er leidet. Er sieht nur noch durch ein Auge, geschwollene Hände, nun ohne Fingernägel. Die Feinde planen ihn zu beseitigen. Ihre Tat verschleiern sie durch einen vorgetäuschten Selbstmord. Sie hängen ihn an einen Abgrund. Er stürzt in die Tiefe, wacht auf, rappelt sich hoch, schleppt sich fast kriechend durch Büsche, Wassergräben, klettert auf Bäume bis sich seine Spur für die Verfolger verliert. Sie schreiben ihn zur Fahndung aus. Bezeichnen ihn als flüchtigen Kriminellen, beschreiben ihn als gefährlich, hetzen ihn durch ganz Europa. Er verschleiert seine Identität, legt falsche Spuren und führt sie in die Irre. Einer hilft ihm, verkauft ihm ein Boot, ein anderer überrumpelt ihn, eine Kugel erwischt ihn. Verwundet baut er sich ein unterirdisches Versteck. Er wagt sich nur noch bei Nacht heraus. Die Killer sind ihm dicht auf der Fährte. Jeder wartet auf den Fehler des anderen, bis es zum tödlichen Kampf kommt.
Wenn sich ein Mann freiwillig in einer Erdhöhle versteckt, muss er schon einen guten Grund dafür haben. Vielleicht taugt die Liebe als Erklärung. Households Protagonist hält sich politisch zurück. Bis zum politischen Mord an seiner Geliebten. Ein Fehler, der den bislang Unpolitischen in den Kampf gegen den Diktator treibt. Ein teufliches Spiel über die feindlichen Grenzen hinaus beginnt. Households Politthriller nimmt auf die reale politische Situation der 1930er Jahre Bezug. Der Diktator als zu erlegendes Großwild, wahrscheinlich Hitler. Der politisch zurückhaltende Protagonist als Synonym für den Sitzkrieg des englischen Premierminister Arthur Neville Chamberlain. Die marokkanische Hafenstadt Tanger, einstiger Fluchtort für Spione und „männliche Einzelgänger“.
Geoffrey Households Klassiker Einzelgänger, männlich lebt. Auch siebzig Jahre nach der Erstveröffentlichung ist der politischen Thriller ein Highlight der Extraklasse. Spannend und ohne Atempause.
EINZELGÄNGER, MÄNNLICH, Geoffrey Household, Orig.: Rouge Male
aus dem Englischen von Michel Bodmer, Coverbild: Edward B. Gordon, Klappenbroschur, Format 12,5 x 20,5 cm, 240 Seiten, Kein & Aber Verlag, Zürich 2009, ISBN: 978-3-0369-5550-6, 16.90 €, 27.90 CHF
© Soraya Levin