In diesem Dorf ist es stiller geworden. Die Jungen sind vor der Arbeitslosigkeit geflohen und haben die Alten zurückgelassen. Das dörfliche Leben verstummt allmählich. Die einzige Abwechslung bietet die Trattoria, Vitos Supermarkt, der Friseur Luigi, die Vinotheka mit ihrem billigen spanischen Rioja und die Messe von Don Antonio sowie das Palavern abends am dörflichen Brunnen.
Im Nachbarort Castello della Libertà sieht es schon anders aus. Seitdem Benito Mussolini einmal durch das Dorf gekommen ist, lockt noch immer der betriebene Mussolini Kult die Touristen an. In dem stillen Nachbardorf Treviso, natürlich nicht das venezianische Treviso, sieht es hingegen ganz anders aus. Hier gibt es keine Touristen und eigentlich ja auch gar nichts zu sehen, außer den Resten einer alten römischen Straße.
Verzweifelt bäumt sich der Dorfpastor Don Antonio mit einem Gedankenblitz gegen das Sterben des Dorfes auf. Ein Wunder muss her, ein Madonnenwunder. Gemeinsam mit dem Dorfschnitzer schmiedet er den teuflischen Plan. Ein Plan, der den Alltag des „dolce far niente“ durcheinanderbringt. Der den Ort in einen mächtigen Rummelplatz verwandelt. Während einer Trauung wirkt die Präzisionsarbeit des Schnitzers. Die Madonna weint rote Tränen. Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Das Dorf Treviso ist ganz plötzlich berühmt. Es wird zu einem beliebten Pilgerziel und Treviso verwandelt sich. Luigi der Friseur hat plötzlich nicht nur mehr verwelkte Damen von 90 Jahren in seinem Salon. Vitos Supermarkt macht reißende Umsätze. Ganz besonders mit den Treviso-Minimadonnen made in Taiwan. Die Trattoria bietet plötzlich nicht nur Essen und Trinken an, sondern auch Zimmer für die Pilger. Und selbst der billige spanische Fusel der Vinotheka findet mit seinem neuen Madonnenetikett einen erstaunlichen Absatz. Die Pilger strömen zu jeder Tageszeit durch das Dorf. Es brodelt. Nicht nur im Dorf, denn zwischen dem über 70-jährigen Luigi und der über 60-jährigen Maria entbrennt inmitten des Madonnenwunders eine heiße packende Liebe.
Im Schatten von Treviso bahnt sich unterdessen nichts Gutes an. Der Vatikan will der weinenden Madonna auf den Grund gehen. Und das faschistische Nachbardorf Castello della Libertà versucht Treviso in die Knie zu zwingen. Der Bürgermeister ist bereits dem Rätsel auf der Spur.
Die Bewohner von Treviso, ermattet von der Rastlosigkeit und dem Trubel, sehnen sich unterdessen wieder nach ihrem „süßen Nichtstun“.
Das Wunder von Treviso ist erfrischend und mit wirkungsvollen witzigen Pointen erzählt. Der Sprecher Dietmar Wunder ist ein Sprach-Künstler. Er vermittelt mehr wie ein italienisches Lebensgefühl. Seine Stimmenvariationen lassen die Figuren durch und durch lebendig werden.
Das Wunder von Treviso, Susanne Falk, gesprochen von Dietmar Wunder, 3 CD, Gesamtspielzeit 03:42:41, GoyaLiT aus dem Hause JUMBO, Neue Medien & Verlag GmbH, 2011 Hamburg, ISBN 978-3-8337-2782-5, € 16,99, CHF 24,90.
© Soraya Levin