Ob für unterwegs oder zuhause. Dieses zeitlose Buch ist ein erheiterndes Lesevergnügen, gespickt mit bittersüßer Ironie über die dekadenten Wertvorstellungen der besseren Kreise.
Gesellschaftliche Konventionen können knechtend sein. Selbst die Heirat der Tochter wird zu einem blamablen Fangspiel für adlige Männerherzen.
Nehmen wir die Bomberlings aus dem Roman von Alice Berend. Mit Hilfe ihrer Sargfabrik haben sie in den 1920er Jahren einen sozialen Aufstieg geschafft. Ihr Wohlstand ist jedoch keine Eintrittskarte in die Welt der Exklusiven. Die besseren Kreise blicken weiterhin herablassend auf die ehemaligen Kleinbürger und rümpfen die Nase bei dem nicht standesgemäßen Familienunternehmen.
Anna Bomberling beabsichtigt mit allen Mitteln, in diese dekadente Welt einzutreten. Orientteppiche zieren das neue Heim, teure Bilder, von denen sie nichts versteht, hängen an der Wand. Ihre Kleidung muss exquisit und aus Paris sein. Selbstverständlich drückt man sich jetzt bei Tisch anders aus. Sie haben sogar eine Dienerschaft, die Kinder Babette und Hermann gehen zum Musikunterricht und Hermann studiert.
Zu Anna Bomberlings Lebensglück fehlt nur noch die standesgemäße Heirat der Tochter Babette. Die Kunst, ihre Tochter mit einem Adligen zu verheiraten, entpuppt sich als heikle Aufgabe. Erst liebäugelt Anna Bomberling mit dem fast 50-jährigen Regierungsrat, der die Tochter unsittlich berührt und dann fällt sie auf eine geldgierige Heiratsvermittlerin herein. Der gut situierte Wurstfabrikant ist nicht standesgemäß und ein Klavierbauer hat lediglich die Mitgift im Blick. Vom Geldopfer bis zur körperlichen Ertüchtigung, Anna Bomberling nimmt für die angemessene Partie ihrer Tochter jedes Opfer in Kauf.
Der Kriegsausbruch treibt die Sargfabrik fast in die Pleite. Herr Bomberling bricht zusammen und Babette präsentiert einen Bräutigam ihrer Wahl.
Alice Berend blickt mit ihren humorvollen Charakterdarstellungen und ihren ironischen Szenen hinter die unechte Fassade des Großbürgertums und des Standesdünkels. Während die blasierte Schar zukünftiger Schwiegersöhne durch Bomberlings Haus zieht, gibt sich Babette einer flüchtigen Liebschaft hin. Hermann ist den Frauen und dem Alkohol verfallen und statt im Studium Wissen anzuhäufen, häuft er Schulden an und Herr Bomberling träumt von vergangenen glücklichen Zeiten ohne Etikette.
Alice Berend, Die Bräutigame der Babette Bomberling, Roman, Herausgegeben und mit einem Nachwort von Britta Jürgs, Broschur, AvivA Verlag, Berlin März 2012, 12.90 EUR, ISBN 978-3-932338-51-9
© Soraya Levin